Bauphase Null
In den frühen Stadien eines architektonischen Vorhabens ruht eine besondere Dynamik. Dieses Fundament aus Energie kann sich in unterschiedlichen Formen manifestieren: sei es in entschlossenem Handeln, überzeugender Hingabe, unbändiger Begeisterung, dem Streben nach Selbstverwirklichung oder einfach Nächstenliebe. Die Umsetzung architektonischer Ideen ist ein Versuch, neue und verbesserte Energien zu entfachen. Doch wie gehen wir vor, wenn es den Anschein hat, dass kein klar definierter Anfang existiert? In Zeiten, in denen die Architektur von vorhandenen Baustrukturen und zahlreichen Verpflichtungen geprägt ist, während Normen die Visionen der Planenden formen?
In der Welt der Architektur ist jeder Anfang im Fluss, und dennoch ist es unabdingbar, diesen zu initiieren – wir bezeichnen dies als die Phase Null. Hierbei geht es nicht nur um das Setzen der ersten Bausteine, sondern vielmehr darum, den Versuch zu unternehmen, eine Basis für neue, transformative Energien zu schaffen. In dieser Phase wird die existierende bauliche Struktur nicht lediglich als Ausgangspunkt betrachtet, sondern als eine Blaupause für etwas Neues, etwas, das die Grenzen des Vorhersehbaren überschreitet.
Die Architektur der Zukunft verlangt ein tiefes Verständnis für die Bedürfnisse und Arbeitsweisen der Nutzer: innen. Die Phase Null bildet den Ausgangspunkt für einen nutzerzentrierten Beteiligungsprozess, in dem Architekt: innen, Fachplaner: innen, Pädagog: innen und Entscheidungsträger: innen gemeinsam mit den zukünftigen Nutzer: innen die Bedarfsanforderungen für das Gebäude erarbeiten. In dieser tiefgreifenden Phase entstehen eine gemeinsame Sprache und ein gemeinsames Verständnis, aus denen sich eine Vision für die Umgestaltung oder Neugestaltung des Raumes formt.
In diesem bedeutungsvollen Abschnitt wird nicht nur Wissen geteilt, sondern auch Vertrauen aufgebaut. Verantwortlichkeiten werden nicht nur übernommen, sondern auch vervielfältigt. Die Architektur wird zu einer kollektiven, gesellschaftlichen Auseinandersetzung, in der Offenheit und Imagination von essenzieller Bedeutung sind. Das Bauen wird zu einem fortlaufenden Prozess des Um- und Weiterdenkens. Architektonische Lösungen entfalten sich in ihrer Vielfalt, während mutige Bauherr: innen der Bauphase Null besondere Aufmerksamkeit schenken.
Es ist ein kreativer Akt des Bauens, bei dem nicht nur ästhetische und funktionale Aspekte im Vordergrund stehen, sondern auch eine tiefe soziale Nachhaltigkeit angestrebt wird. Die individuelle Bereicherung geht Hand in Hand mit dem Fokus auf das Kollektiv. Die Architektur wird zu einer ernsten, reflektierten Erfahrung, bei der das Um- und Weiterbauen nicht nur eine Notwendigkeit ist, sondern eine Quelle für nachhaltige und gesellschaftliche Entwicklungen. So entstehen architektonische Grundlagen, die nicht nur den Raum, sondern auch das soziale Gewebe prägen.